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Warum Multitasking Langzeitspeicherung verhindert?

Wer sich beim Lernen ablenken lässt, riskiert, seine Erinnerung ans Gelernte zu „überschrei-ben“. Wer den Lernstoff hingegen wiederholt, führt ihn ins Langzeit-gedächtnis über.

Professor Dr. Martin Korte von der Technischen Universität Braunschweig konnte nun zeigen, dass neue Synapsen im Wettbewerb um verstärkende Proteine stehen – eine Erinnerung gewinnt, die andere verliert.

Die gewonnene Erkenntnis lautet

Neue Informationen werden vom Gehirn unterschiedlich „gespeichert“: Die meisten im Kurzzeitgedächtnis, wenige im Langzeitgedächtnis. Durch einen sehr langen Untersuchungs-zeitraum konnten die Hirnforscher zeigen, dass Erinnerungen vor ihrem Übergang vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis in Konkurrenz um gedächtnisassoziierte Moleküle stehen. Dabei handelt es sich um Eiweißmoleküle (Proteine), die benötigt werden, um die Synapsen langfristig zu verstärken.

Wird innerhalb einer Stunde nach dem Abspeichern einer Erinnerung ein zweiter Reiz gesetzt, der in assoziativer Verbindung zu der Erinnerung steht, wird diese gestärkt. Ist der zweite Reiz jedoch unabhängig, kann er die Eiweißmoleküle der ersten Erinnerung „kapern“ und für sich selbst nutzen. Damit ist die erste Erinnerung verloren und die Zweite umso erfolgreicher abgespeichert.

Die Nachteile von Multitasking

Multitasking erhöht die Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen. Das zeigt eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua). Multitasking geht danach häufig mit Qualitätseinbussen einher – ausserdem benötigt man mehr Zeit. Forscher hatten 50 Testpersonen im Labor parallel zwei Aufgaben bearbeiten lassen. Sie mussten am Bildschirm Pfeile erkennen und je nach Richtung der Pfeile verschiedene Tasten drücken. Gleichzeitig wurden ihnen Wörter vorgelesen, und die Testerpersonen sollten Synonyme erkennen.

Dabei zeigte sich, dass die Testpersonen Fehler viel schlechter erkannten, wenn sie zwei Aufgaben gleichzeitig bearbeiteten. Wenn sie nur eine Aufgabe erledigten, waren sie nicht nur besser, sondern sogar noch schneller.

Kleine Lerneinheiten sind physiologisch sinnvoll

Der “Kampf” der Erinnerungsreize um Proteine erklärt, warum es besser ist, Lerninhalte auf viele kleine Portionen und über mehrere Tage zu verteilen. So können sie sich gegenseitig verstärken. Das „Bulimie-Lernen“ über viele Stunden am Stück allerdings führt dazu, dass sich die jeweiligen Lerninhalte selbst Konkurrenz machen.

Ganz sicher aber sollte Multitasking beim Lernen vermieden werden. Durch TV-Konsum, Surfen im Internet oder auch dem Lernen eines anderen Lerninhaltes treten die neue Reize in Konkurrenz zum bisher Gelernten und der Zufall entscheidet quasi darüber, welche Information es ins Langzeitgedächtnis schafft.

Weiterführende Informationen finden Sie hier:

Sreedharan Sajikumar, Richard G. M. Morris, and Martin Korte: “Competition between recently potentiated synaptic inputs reveals a winner-take-all phase of synaptic tagging and capture”, PNAS 2014, doi: 10.1073/pnas.1403643111

Technische Universität Braunschweig, http://www.pnas.org/content/early/2014/07/31/1403643111

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