Wer kennt das nicht?
Plötzlich sieht die Autofront aus wie ein grimmiger Mann, ein Hausdach lächelt einem an oder ein Wasserhahn ähnelt einem Elefanten. Psychologen nennen diesen Effekt Pareidolie. “Para” steht im Griechischen für neben und “Eidolon” für Bild oder Form.
Aber warum sehen wir zum Beispiel in Wolken Gesichter von griechischen Göttern? Verantwortlich dafür ist eine hilfreiche Fähigkeit unseres Gehirns. Das Gehirn vervollständigt selbstständig unfertige Objekte oder Muster. Dies hilft uns, unser Gehirn vor Überlastung zu schützen und schneller und besser auf unvorhergesehene Situationen reagieren zu können.
Eine Studie aus Tokio von Norimichi Kitagawa hat dieses Phänomen untersucht und versucht herauszufinden, warum wir so viele Dinge sehen, die gar nicht existieren. Das Ergebnis dieser Studie hat gezeigt, dass dieser Effekt evolutionsbedingt ist. Auch wurde festgestellt, dass Frauen einen grösseren Hang zur Pareidolie haben. Denn in der Urzeit mussten Frauen sehr schnell und gezielt einen Angreifer in der dunklen Höhle, dem Wald oder auf dem Feld ausmachen. So nach dem Motto: Lieber einmal ein Gesicht zu viel sehen, als eines zu wenig. Ebenso verfallen neurotische Menschen oder Menschen die sehr gestresst oder angespannt sind eher diesem Phänomen.
Aber warum sehen wir vor allem Gesichter in leblosen Gegenständen?
Das Erkennen von Gesichtern ist eine essenzielle Grundlage des Zusammen- und des Überlebens. Daher entscheidet das Gehirn recht leichtfüssig, ob ein bestimmter Anblick als Gesicht zu werten ist oder nicht, erklärt der Psychologe Rainer Mausfeld von der Universität Kiel. “Die Aktivierungsbedingungen für das uns biologisch vorgegebene Konzept „Gesicht“ sind sehr breit angelegt und umfassen geometrische Formen, die nur sehr grob etwas mit einem wirklichen Gesicht zu tun haben.”
Bin ich nun neurotisch oder verrückt, wenn ich überall Gesichter sehe?
Wenn man das Gefühl hat, überall Gesichter zu sehen, hat das eher damit zu tun, dass das Gehirn sehr angespannt und gestresst ist. Etwas weniger Tempo und etwas mehr Langeweile könnte dann dem Gehirn wieder zur Ruhe verhelfen.