Zu viel Routine kann unzufrieden und träge machen. Der Gehirnforscher Henning Beck erklärt, dass zu viel Routine sogar schaden kann: „Der grosse Unterschied zwischen einem Gehirn und einem Computer besteht darin, dass das Gehirn nicht dafür da ist, Regeln möglichst effizient zu verfolgen und starre Muster zu erfüllen. Es geht darum, bewusst aussergewöhnliche Erlebnisse herbeizuführen“. Die folgenden Vorschläge mögen im ersten Moment vielleicht simpel erscheinen, aber sie helfen Ihrem Gehirn, durch unbekannte Erlebnisse, neue Nervenverbindungen herzustellen. Kreativität ist das geistige Gut, welches uns voranbringt, indem es uns mit genialen Einfällen beschenkt. Oft sind wir in unseren Schemata festgefahren, erlegen uns selber Bürden in Form von Konformismus auf und denken in den gleichen Denkmustern. Diese monotonen Denkvorgänge behindern das Entwickeln der freien Kreativität. Es wurde allgemein festgestellt, dass kreative Einfälle vor allem dann aktiv wurden, wenn das Gehirn in einen Offline-Modus verfällt wie es
z.B. beim Tagträumen der Fall ist. Was Wissenschaftler nun beweisen konnten, wussten Tschaikowski, Beethoven und Haruki Murakami schon vor vielen Jahren. Beethoven z.B.machte es sich zur Pflicht täglich ein bis zwei Mal einen Spaziergang abzuhalten, um neue, kreative Einfälle zu haben. Immer dann, wenn kein Fokus auf dem aktuellen Thema liegt, wie es z.B. beim Tagträumen der Fall ist, kommen aus dem Unbewussten Impulse, die von grosser Kreativität zeugen.
Kreativität stiegern: Spaziergang im Park
Kreativität und brillante Ideen lassen sich nicht erzwingen. Man kann jedoch das Umfeld dafür optimal gestalten. Z.B. durch einen ungestörten und inspirativen Spaziergang im Park. Natürlich ist es nicht leicht Kreativität zu vermessen. In diversen wissenschaftlichen Studien wurden jedoch anerkannte Methoden gefunden, um die Kreativität sowohl quantitativ, als auch qualitativ festzusetzen und somit unter verschiedenen Testkonditionen zu vergleichen. Im Ziegelsteintest sollen die Testpersonen innerhalb von zwei Minuten alles nennen, was man mit einem Ziegelstein tun könnte.
Was hat ein Ziegelstein mit einer Kantine zu tun hat?
Prof. Simone Ritter von der Universität Nimwegen führte dazu Studien der ganz besonderen Art durch. Die Teilnehmer des Experiments wurden per Vitual-Reality-Brille in eine fiktive Kantine versetzt. Dort galten andere physikalische Gesetze als zuvor. Näherte man sich z.B. einer Tasse oder einem anderen Objekt, so wurde es immer kleiner, bis es verschwand. Eine Flasche, die auf einem Tisch umfiel ging nicht zu Boden, sondern schwebte langsam an die Decke. Alle diese verändernden Gegebenheiten, dieser
Schemaverstoss , sollten einen bestimmten Effekt bei den Cybertestern haben, der sofort im Anschluss festgestellt wurde. Nach dem Besuch in der Kantine, die ein wenig an Alice im Wunderland anmutet, wurde untersucht, ob sich die Kreativität verändert hat. Tatsächlich konnten die Teilnehmer beim Ziegelsteintest signifikant besser Ergebnisse erzielen. Es wurden nicht nur mehr Möglichkeiten genannt, sondern diese waren auch viel differenzierter und kamen aus unterschiedlichen Kategorien. Zudem waren die einzelnen Aufzählungen deutlich origineller. So lautetet eine Antwort z.B. dass man den Ziegelstein zermahlen könnte, um ihn dann als Lippenstift zu verwenden … Der Aufenthalt in der virtuellen Kantine scheint die Imagination beflügelt zu haben.
Auch Meditation steigert unsere Kreativität
Meditation scheint einen vergleichbaren Effekt zu haben. Dadurch, dass bei der Meditation verstärkt Alphawellen auftreten, kommt es zu einer Anhebung der kreativen Leistung. Dieser Dämmerzustand führt zu intensiviertem Tagträumen. Vergleiche mit dem Ziegelsteintest ohne und mit Meditation lieferten Ergebnisse von 19 und 33 Punkten, was einer Steigerung der Kreativität von 74% entspricht, wenn zuvor meditiert wurde. Wissenschaftler wollten genauer wissen, wie die Farbe Grün auf uns und unsere Kreativität wirkt. Aus diesem Grund wurden unter der Leitung von Andrew Elliot Studien durchgeführt, die den Sachverhalt näher beleuchten sollten. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, Anagramme – also das Vertauschen der Buchstabenreihenfolge zu einem neuen Wort – in einer vorgegebenen Zeit zu lösen. Dabei wurde gezählt, wie viele sinnvolle Umstellungen der Buchstaben jeweils erzielt wurden. In den Heften mit den Anagrammen war die Codenummer der Teilnehmer jeweils in die obere Ecke jeder Seite geschrieben. Diese sollten zuvor von allen Probanden auf Richtigkeit geprüft werden. Eine Gruppe sah Ihre Codenummern in grüner Schrift, während die Kontrollgruppe ihr e Nummern in roter Schrift zu Gesicht bekamen. Erstaunlicherweise konnten die Teilnehmer, die von der grünen Codenummer beeinflusst (geprimt ) wurden, 30% mehr Anagramme lösen, als die Kontrollgruppe mit den roten Nummern. Die Erklärung liegt in der Besetzung der Farben, wobei uns rot an rote Verkehrsampeln und die Korrekturtinte des Lehrers (Anspannung und Negatives) erinnert, während Grün eher mit Natur und der grünen Verkehrsampel assoziiert wird (Entspannung und Positives).
Selbst Farben und Kreativität haben einen Zusammenhang
Die Wirkung von Farben wurde aber noch weiter untersucht. Neben grün wirkt auch blau förderlich auf unsere Kreativität. Ein wissenschaftlicher Test des Magazins Science verglich die Farben rot und blau. Es wurde zum einen untersucht, wie gut das Korrekturlesen von Texten auf einem roten und blauen Hintergrund des Computerbildschirms klappte. Dabei wurde festgestellt, dass der rote Hintergrund, der ja die oben angeführten Assoziationen und damit Aufmerksamkeit weckt zu einer erhöhten Präzision führt. Somit wurden viel mehr Fehler gefunden, als von den Testpersonen mit einem blauen Bildschirmhintergrund. Blau hingegen schnitt bei dem sogenannten RAT Verfahren (Remote Association Test) als Hintergrundfarbe viel besser ab, als rot. Bei dem Remote Association Test werden drei Worte genannt, die vordergründig nichts miteinander zu tun haben und ein viertes Wort muss gefunden werden, welches als Bindeglied funktioniert. Z.B. Humor, Pech, Nacht wobei das vierte Wort hier schwarz lautet. Man spricht hier auch von konvergentem Denken. Mit diesem wissenschaftlich geprüften Wissen, können die Seminarteilnehmer ganz bewusst wählen, welche Farben sie häufiger in Ihrer Umgebung vorkommen lassen wollen, wenn es darum geht kreativ oder aber präzise zu sein. The choice is yours . Neben Farben und der virtuellen Kantine, was eher impraktikabel ist, um die Kreativität zu steigern, lernen die Teilnehmer eine Methode kennen, die eigene Kreativität in ihrem eigenen Alltag zu steigern. Man kann einen Schemaverstoss, der ja für eine gesteigerte Kreativität verantwortlich ist, täglich und regelmässig herbeiführen. Es sind die Routinen die uns viele Dinge im Leben erleichtern und aber gleichzeitig den kreativen Flow rauben. Genau da setzen wir nun an.
Guten Appetit
In den Niederlanden liebt man die Spezialität boterham met hagelslag (Butterbrot mit Schokostreusel). Die Zubereitung ist immer die gleiche. Erst Butter auf den Toast streichen, dann den Toast in die Streusel dippen. Wird diese Routine, dieses Schema, unterbrochen, indem die Reihenfolge verändert wird, hat das jedoch erstaunliche Auswirkungen. In einem Versuch von Simone Ritter zeigten Versuchspersonen in Holland, die erst die Streusel auf den Teller gaben, dann das Brot bestrichen und dann in die Streusel dippten, dass beim Ziegelsteintest viel bessere Ergebnisse erzielt wurden.